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30 Jahre und kein bisschen müde

von Quentin Mayerat

2010 nahm das CER an der letzten auf Farr 30 gesegelten Tour de France à la Voile teil. Die Unsicherheit in Bezug auf die Qualität der nächsten Ausgabe, die auf M34 ausgetragen werden soll, veranlasste die Genfer Vereinigung sich neu zu orientieren. Sie wird 2011 auf einer Décision 35 die Challenge Vulcain segeln. © Jean-Marie Liot

Vor fast genau 30 Jahren hatte eine Handvoll Segler den Mut, der Stadt Genf ein verwegenes Konzept zu unterbreiten: das des Centre d’Entraînement à la Régate (CER). Es ist nicht zuletzt ihr Verdienst, dass die nautische Talentschmiede dieses Jahr bereits ihr 30-jähriges Bestehen feiert. Roderick Van Schreven, Crewmitglied von Fehlmann an der Whitbread 77-78 und Skipper des Bootes Ville de Genève an der Tour de France à la Voile, war es gelungen, die Genfer Behörden für das Projekt zu gewinnen. Ein Jahr zuvor mussten die Initiatoren des CER noch unverrichteter Dinge wieder abziehen, aber kurz nach dem 3. Platz des Teams an der Tour de France liess sich der Sportbeauftragte der Stadt Genf Roger Dafflon doch noch überreden, das nötige Geld locker zu machen.

Segeln für alle

Mit seinem Argument, dass der Segelsport nicht nur einer Elite vorbehalten, sondern auch schwächeren sozialen Schichten zugänglich sein soll, war Van Schreven bei dem klar linksgerichteten Politiker an der richtigen Adresse. Der aktuelle Direktor für Wirtschaftsbeziehungen bei der OECD hatte auch noch ein weiteres schlagkräftiges Argument in petto: Das nautische Stadion, das heisst der See, kostet nichts, ganz im Gegensatz zu den von der Stadt mit viel Aufwand unterhaltenen Sportanlagen. Überzeugt vom Nutzen eines demokratischen Segelsports schaffte das Sportamt der Stadt Genf zwei Fun an, die am Molard-Platz getauft und vor der Belote vertäut wurden. Die älteren Semester erinnern sich noch gut an die epischen Überfahrten: Mit einem kleinen Polyesterboot wurden die Teams vom Quai du Cologny zu ihren Booten gerudert.

Jérôme Clerc und sein Team haben sich grosses vorgenommen. © Jean-Marie Liot

La voile pour tous

Als die Struktur stand, übernahm Dominique Wavre 1987 die Zügel des CER. Er gründete mit der Unterstützung von Bernard Haissly die gleichnamige Vereinigung und verhalf dem etwas wackligen Gefüge damit zu mehr Sicherheit. In den damals frisch aufgesetzten Statuten wurde festgehalten: „Ziel des CER ist die Einführung und das Training von Mädchen und Jungen in den wettkampfmässigen Segelsport und ihr Einsatz an Regatten auf Seen und Meeren.“ Dafflons Nachfolger André Hediger setzte dessen Werk fort und machte sich für die Vereinigung stark, damit sie die für ihre Ambitionen nötigen Mittel erhielt. Dem Zentrum wurde eine finanzielle Unterstützung für die Betriebskosten sowie die Stelle eines kantonalen Trainers gewährt, damit sich der Leiter voll auf seine vielen Aufgaben konzentrieren konnte.

Die Wahl-Jahre

© DR

Als Dominique Wavre sich anschickte, an Bord der Merit zu seiner dritten Weltumsegelung zu starten, übernahm Christian Wahl die Leitung. Er blieb sieben Jahre lang an der Spitze der Vereinigung und wurde für die Tour de France à la Voile 1994 und 1995 von Kiny Parade unterstützt. Wahl sorgte für frischen Wind im CER und brachte es in der nationalen und internationalen Regattaszene gross heraus. Die Trainings wurden genau strukturiert, die Bewerber für die Tour de France nach strengsten Kriterien ausgewählt und die drei an der Nordmauer der SNG festgemachten Surprise 200 Tage im Jahr gesegelt. Wer immer das Glück hatte, eine Ausbildung im CER zu geniessen, war in der Regel als Crewmitglied heiss begehrt.

Dominique Wavre, von 1987 bis 1988 Verwalter des CER, stiess die Gründung der CER-Vereinigung an. Hier beim Training auf einer der ersten Surprise. © DR

Nach vier weiteren Verwaltern (s. Kasten) wird das CER heute von Jérôme Clerc gemeinsam mit Bryan Mettraux, Sylvain Wenger und Cédric Schmidt geleitet. Das Gesamtbudget liegt bei gut 350‘000 Franken, zwei Drittel werden von der Stadt Genf übernommen.

D35 statt Tour de France

Dieses Jahr wird das CER erstmals seit den frühen 90er-Jahren nicht an der Tour de France à la Voile teilnehmen. Der Königsanlass des Regattakalenders durchlebt eine schwierige Zeit und die M34, die von den Veranstaltern als Ersatz für die Farr 30 gewählt wurde, findet nicht einhellige Zustimmung. Jérôme Clerc zieht es deshalb vor, eine Tour auszulassen. „Für uns kam es nicht in Frage, an einem Projekt mitzuwirken, das auf so wackligen Beinen steht. Wir investieren unsere Mittel lieber in ein anderes Boot, um glaubwürdig und konkurrenzfähig zu bleiben.“ Also prüfte die Geschäftsleitung mehrere Möglichkeiten und entschied sich schliesslich, dieses Jahr als Ersatz für die Tour de France bei den Décision 35 zu starten. Das CER mietet dazu die Zebra 7, mit der es sämtliche Regatten des Circuits, einschliesslich der abschliessenden Mittelmeeretappe im kommenden Herbst bestreiten will. Den jungen Seglern bietet sich dadurch die einmalige Gelegenheit, sich an den weltbesten Multihull-Seglern zu messen, was genau den Zielen der Vereinigung entspricht, wenn auch die Plätze auf dem Boot begrenzt sind. „Natürlich werden nicht so viele Jugendliche segeln können wie an der Tour de France. Als Ausgleich haben wir für die Surprise einen volleren Kalender auf dem Mittelmeer zusammengestellt, damit unsere Youngster mit den Regatten auf dem Meer vertraut werden“, hält der Verwalter fest.

Ob das Centre d’Entraînement à la Régate eines Tages wieder zur Tour de France zurückkehrt, weiss momentan niemand. Eines ist aber sicher: Der Wechsel zu den D35 hätte auf keinen besseren Zeitpunkt fallen können, schliesslich feiert das CER dieses Jahr einen runden Geburtstag!

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