Die über die berühmteste Lagune der Karibik verstreuten Inseln enthüllen ihren ganzen Charme. Kleine, weisse Strände, an denen sich die Kokospalmen zum klaren Wasser neigen, die Lagune, die in der Tropensonne in allen möglichen Blau- und Grüntönen schimmert, Meeresvögel, die nach Fischen Ausschau haltend am Himmel kreisen, und Schildkröten, die uns neugierig beäugen, bannen unseren Blick. Auf dem Wasser im hufeisenförmigen Horse Shoe Reef schaukeln gemächlich und in genügendem Abstand zueinander ein gutes Dutzend Segelboote. Zu Beginn der Tourismussaison Mitte November ist der Ankerplatz noch ruhig. Ausserdem ist das an den Ozean angrenzende Paradies ein Naturreservat und somit geschützt. Schilder verweisen auf die in den Schutzgebieten üblichen Regeln.
Die Inseln sind unbewohnt, aber eine Handvoll Seefahrer von Union und Mayreau sind berechtigt, kleine, für Fahrtensegler sehr nützliche Geschäfte zu betreiben. Sie kommen jeden Tag auf ihren hübschen, in leuchtenden Farben bemalten Speed-Boats angefahren. Dabei hat jeder seine Spezialität. Walter bringt Brot und Croissants zum Frühstück, Romeo und sein Team zaubern auf dem Eiland Petit Bateau ein Langusten- und Fisch-BBQ und andere liefern die unterschiedlichsten Lebensmittel, nehmen Bestellungen für den nächsten Tag auf, verkaufen bedruckte T-Shirts, entsorgen Abfallsäcke, organisieren geführte Tauchtrips oder führen Taxifahrten nach Union und Mayreau durch. Sie sind dabei so zuvorkommend und gut gelaunt, dass man sich gerne auf sie einlässt. Auf Romeo und sein Team zum Beispiel, die uns gegrillte Langusten mit kreolischem Reis und köstlichen lokalen Früchten und Gemüsen zubereiten und das mit freundlichem Lächeln und für acht Mal weniger als in jedem beliebigen Restaurant an der Côte d’Azur! Besteck und Wein muss man allerdings selbst mitbringen. Zwei Tage scheinen bei der Vielfalt an möglichen Aktivitäten viel zu wenig. Hier kann man mit den Schildkröten um die Insel Baradal schwimmen, die gefleckten Adlerrochen beo-bachten, die von kleinen, schillernden Fischen bewohnten Korallen erforschen oder der Echseninsel Jamesby einen Besuch abstatten und dabei den weissen Sand, die smaragdfarbene Lagune und das atemberaubende Panorama geniessen, das von den Inseln im Norden bis nach St. Vincent und im Süden bis nach Grenada reicht.
Die Tobago Cays sind unvergesslich. Von Martinique braucht man bis zu diesem Törnparadies mindestens drei Tage, wenn man es gemütlich nehmen und in St. Lucia und in Bequia Halt machen will. Bequia ist eine liebenswerte Insel und sehr praktisch, da man hier die obligatorischen Einreiseformalitäten erledigen kann. Auch ein paar Stopps zum Baden und Essen liegen locker drin. Wer den Charme der Grenadinen mitsamt allen Facetten schätzen lernen und unterwegs einige der bekanntesten, aber nicht weniger zauberhaften Kleinode entdecken möchte, sollte zehn bis fünfzehn Tage einberechnen.
Bequia, von Walen und Menschen
Salt Whistle Bay auf Mayreau: ein paradiesischer, von Kokospalmen und weissem Sand gesäumter Pool. © Jacques Anglès
Versuchen Sie Port Elizabeth bei Sonnenuntergang zu erreichen, wenn die letzten Strahlen die kleine Hauptstadt der Insel in ein goldenes Licht tauchen. Bequia als Land der Seefahrer pflegt eine in den Antillen einmalige Walfangtradition. Immer, wenn ein Späher vorbeiziehende Wale ausmachte, eilten die Jäger auf ihren schmalen, vollbetuchten Booten aufs offene Meer, sprangen auf den Rücken der Meeressäuger und erteilten ihnen den tödlichen Stoss, bevor ihre Beute wieder in die Tiefe abtauchen konnte. Heute ist die Jagd auf ein bis zwei Fänge pro Jahr beschränkt. Dadurch bleibt die Tradition erhalten, wie auch die Walfangboote im Schatten der Kokospalmen am Strand und die kleinen, modernen Speed-Boats beweisen. Port Elizabeth ist eine einladende und gemütliche Stadt voller Charme. Mit ihren hübschen Markthalle, den Fruchtauslagen am Pier, den Modellschiff-Werkstätten (die dürfen Sie auf keinen Fall verpassen!) und ihren direkt am Meer liegenden Bars und Restaurants hat sie den Reisenden, die hier vor Anker gehen, viel zu bieten. Fahren Sie nicht weg, ehe Sie einen Planter’s Punch im Whale Boner geschlürft haben! Die Bar ist mit riesigen Walknochen geschmückt, bogenförmige Rippen bilden das Eingangstor, die Theke wurde aus einem Kieferknochen geschnitzt und als Hocker dienen Rückenwirbel. Wenn Ihnen nach einem Gourmet-Menü ist, dann sind Sie auf der Terrasse der Auberge des Grenadines richtig. Dort werden Ihnen französisch-karibische Gerichte gereicht, während Sie den Blick über die ganze Bucht schweifen lassen und an manchen Abenden einem Jazz-Duo mit Klavier und Saxofon lauschen können. Der Pianist ist selbst ein Kap Hoorner. Er hat die Welt auf einer soliden, in ein Segelboot umgebauten Schaluppe über die drei Kaps umsegelt. Bequia mit seinen vielfältigen Landschaften, der überschaubaren Grösse und der gastfreundlichen Atmosphäre weckt den Wunsch, hierher zurückzukehren.
Welcome to Mayreau!
Sonnenuntergang während eines Sturms am Ankerplatz Rodney Bay (St. Lucia). In den Antillen leuchten sogar die Wolken! © Jacques Anglès
Wetten, dass „Welcome“ das erste Wort ist, das sie bei der Ankunft auf Mayreau, einer kleinen, grünen Insel westlich der Korallenplatte der Tobago Cays, hören oder lesen? Wir ankern im klaren Wasser von Saline Bay vor einem Traumstrand. 500 Meter golden schimmernder Sand für uns ganz allein! Da fühlt man sich wie Robinson! Auf dem benachbarten Hügel liegt das einzige Dorf der Insel. Von der kleinen Kirche, die über die hohen, bunten Häuser wacht, erblickt man eines der schönsten Panoramen der Tobago Cays. 300 Einwohner pflegen hier eine gemächliche Lebensart und eine Gastfreundschaft, die Lust macht, einige Tage zu verweilen. Auf jeden Fall steht Mayreau in krassem Gegensatz zu ihrer belebten und angesagten Nachbarinsel Union. Weniger als zwei Seemeilen von Saline Bay entfernt birgt Mayreau eine weitere Perle: Salt Whistle Bay. Das blassgrüne Wasser in der bogenförmigen, von Kokospalmen gesäumten Lagune, der kleine Anlegesteg und die beiden aus Holzbrettern direkt auf Sand gezimmerten Bars schaffen das perfekte Bild des karibischen Traums. Wer einen guten Ankerplatz ergattern möchte, sollte möglichst früh ankommen, das Angebot ist relativ beschränkt.
Canouan oder Bojen als Spähposten für Pelikane
Wenn Sie auf der Fahrt durch die Grenadinen einen Stopp planen, meiden Sie Mustique. Die Insel der Milliardäre, Popstars und gekrönten Häupter hat nur einen zweitklassigen Ankerplatz zu bieten und der Landgang ist nicht nur kostenpflichtig, sondern auch uninteressant. Canouan hingegen ist eine kleine, ruhige (wie lange noch?) Insel, auf der früher nur ein paar Fischer und Bauern sowie halbwilde Ziegen hausten. Mittlerweile wurden einige scheinbar leere Luxushotels im Grünen gebaut und der Flughafen wird vergrössert. Aber der schöne Ankerplatz von Charleston mit seinem hellen sandigen Grund und dem weissen Strand hat seinen Reiz und seine Ruhe bewahrt. Lärm machen einzig die Pelikane und Kormorane. Sie streiten sich um die Einfahrtsboje, denn sie eignet sich hervorragend als Hochsitz für ihre Fischjagd. Vom vorschriftsmässigen Grün ist deshalb auch nicht mehr viel zu sehen. Die Boje erstrahlt in „Guano“-Weiss.
St. Vincent, Kulisse aus „Fluch der Karibik“
Bei Fahrtenseglern hat St. Vincent keinen guten Ruf. Viele sind deshalb versucht, die Insel zu umfahren, um zu verhindern, dass das Boot im Windschatten der Insel hängen bleibt. In diesem Fall müsste man aber auch auf das Spektakel einer der wildesten Küsten der Antillen verzichten. Und wer will sich schon imposante Vulkankämme und eindrückliche Pflanzenmauern, ineinander verschlungene Tropenpflanzen und Riesenlianen, die auf die schwarzen Palmenstrände hinunterfallen, entgehen lassen! Der überwältigend schöne Küstenstreifen hat dem Film „Fluch der Karibik“ als Kulisse gedient. In der von dichter Vegetation umgebenen Bucht Wallilabu Bay befand sich Jacks Sparrows Piratennest. Als Andenken an den Dreh wurde auf dem Pfahl des zerfallenen Anlegestegs eine Piratenstatue errichtet. Sie scheint das offene Meer noch immer nach einer auszuraubenden Galeone abzusuchen. Wie auf den anderen Inseln werden den Reisenden auch hier für ein paar Euro heimische Lebensmittel und Hilfe beim Vertäuen angeboten. Da St. Vincent sehr arm ist, gibt es keinen Grund, den Dienst abzulehnen. Der Ort ist wirklich reizvoll und bietet wie die andere, etwas weiter nördliche gelegene Bucht Cumberland die Möglichkeit, die Ein- und Ausreiseformalitäten zu erledigen.
St. Lucia, zwei Vulkane auf einer Flagge
Wenn man sich auf St. Lucia für einen Ankerplatz entscheiden müsste, wäre das der Deux Pitons (UNESCO-Welterbe). Die beiden 750 M.ü.M. gelegenen Vulkankegel zieren auch die Nationalflagge. Sie überragen eine grandiose Basalt- und Grünlandschaft, die bei Sonnenuntergang ihre ganze Pracht entfaltet. Radikaler könnte der Gegensatz zu den klaren Lagunen der Grenadinen nicht sein. Hier fällt das Ufer steil zum dunklen, felsigen Meeresgrund ab, der das Ankern schwierig macht. Zum Glück kann an (kostenpflichtigen) Bojen vertäut werden und ein „Pilot“ hilft bei der Ankunft. Ausserdem ist es ein Erlebnis, im kristallklaren Wasser unterhalb des Petit Piton zu schnorcheln, da man dort bis zu 20 Meter tief sieht.
St. Lucia wartet aber auch noch mit anderen schönen Ankerplätzen auf. Marigot Bay zum Beispiel ist ein echtes Piratennest, das durch einen Kokospalmenhain verdeckt wird. 1781 hat Admiral Rodney seine Schiffe hier vor der französischen Flotte versteckt. Die wunderschöne Bucht ist der meistbesuchte Ort auf St. Lucia und beherbergt auch eine Segelcharter-Basis. Rodney Bay im Norden bietet einen viel grösseren und weniger einengenden Ankerplatz und eine „very british“ angehauchte Marina mit guten Dienstleistungen.
Martinique, mehr als nur ein Ausgangspunkt
Die Marina du Marin ist die beliebteste Basis für Törns zu den Grenadinen. Hier findet man alle nötigen Serviceangebote für Segler und auch genügend Möglichkeiten (Markt, Supermarkt, usw.), um Proviant zu bunkern. Nutzen Sie die Gelegenheit und füllen Sie Ihre Vorräte auf, denn die anderen Inseln sind deutlich weniger gut bestückt. Martinique ist und bleibt eine der schönsten Inseln der Antillen. Ein längerer Aufenthalt lohnt sich! Sie allein schon wäre eine Woche Törn wert. Vor allem die von einem Korallenriff geschützte Westküste bietet wundervolle und sehr unterschiedliche Ankerplätze. Wenn Sie Ihren Grenadinen-Törn langsam beginnen möchten, machen Sie als erstes vor Sainte-Anne (zwei Seemeilen von der Marina entfernt) Halt oder segeln Sie vor dem Wind bis zu den herrlichen Buchten von Arlets (13 Seemeilen von Marin entfernt). Dort finden Sie echte Traumstrände und hübsche kleine Restaurants. Sie können auch auf der Rückfahrt ein oder zwei Tage einplanen, an denen Sie Martinique mit einem Mietauto erkunden. Sie werden es nicht bereuen!