Gestartet wurde am Schnapsdatum 11.11.2011. Die rund fünfzig Teilnehmer aus der ganzen Schweiz flogen mit der gleichen Maschine von Paris nach St. Martin. Einige nutzten den Flug, um sich von dem doch sehr frühen Aufstehen zu erholen, andere übten sich schon einmal im Dosenöffnen. Eingestimmt waren sie alle schon, denn die Organisatoren hatten ihnen beim Einchecken ein Willkommenskit überreicht. Es bestand aus den Regattaregeln, der Streckenpräsentation, einer weissen Sonnenbrille, einem Peak-Performance-Poloshirt mit aufgesticktem Skippers-Cup-Logo auf den kurzen Ärmeln und der Zeitschrift Mountain Addict des Grand Hotel Park in Gstaad, wo auf den Cupgewinner ein Aufenthalt wartete. Nach einem Transferflug auf die Insel Tortola nahmen die Teams in der Moorings-Basis von ihren komfortabel ausgestatteten Bénéteau 41.3 Besitz. Die von Berret&Racoupeau entworfenen Cruiser sollten in der kommenden Woche für viele Glücksmomente sorgen. Im grossen Cockpit zum Beispiel warteten ein Doppelsteuer und ein ausklappbarer Tisch mit Glashaltern, damit man sich an den Ankerplätzen gemütlich die lokalen Drinks zu Gemüte führen konnte.
Sail and see…
Es sei vorweggenommen: Die Britischen Jungferninseln sind ein Segelparadies. Wie eine warme Liebkosung bläst der Passat regelmässig mit 15 bis 20 Knoten. Hin und wieder geht ein Schauer nieder, der aber genauso schnell wieder verschwunden ist, wie er gekommen war. Im wunderbar warmen, türkisfarbenen Wasser tummeln sich unglaublich vielfältige Fischarten, die sich meist um Korallenriffe und grüne kegel- oder kuppelförmige Felsen aller Grössen und Höhen sammeln. Sogar die Steinkronen bezaubern durch ihre ständig wechselnde Farbenvielfalt: Grautöne von Hellgrau bis Anthrazit gehen in rostfarbene Schattierungen über. In dieser Region sind Felsbuchten häufiger als Sandstrände. An den meisten Orten ist genau vorgeschrieben, wo man ankern darf. Die Behörden wollen damit verhindern, dass unfachmännisch ausgeworfene Anker den Meeresgrund beschädigen. Die wenigen Behausungen in der dichten Vegetation sind meist harmonisch in die relativ gut geschützte Landschaft eingebettet. Manche sind komplett privatisiert, machen aber dennoch nicht den Eindruck von Festungen. Am dritten Tag des Cups hatten wir im Westen von Tortola oberhalb der Startzone ein Anwesen ausgemacht, das sich besonders gut für Aufnahmen für Skippers.tv eignete. Kaum waren die Bojen gesetzt, machten wir uns dorthin auf. Bei unserem Aufstieg begegneten wir Schildkröten und einem freundlichen Paar in den Sechzigern, das auf dem Weg zum Anlegesteg war, wo wir unser Dinghi gelassen hatten. Erst später erfuhren wir, dass es sich um die Eigentümer des Resorts handelte. Auf der Höhe der ersten Häuser trafen wir auf eine Frau, die sich nach dem Grund unseres Besuchs erkundigte. Offensichtlich überzeugt von unserer Erklärung, dass wir Aufnahmen für den Skippers Cup drehen wollten, nahm sie uns in ihrem Golfwagen mit bis zum höchsten Punkt der eindrücklichen Residenz. Dort durften wir unser Material am Überlaufpool, der sich direkt an das ganz in Holz und Stein gehaltene Wohnzimmer des Hauptgebäudes anschloss, aufstellen. Es verschlug uns fast die Sprache: Der Blick auf die Bucht, die umliegenden Inseln und die rund zehn Boote, die sich zu unseren Füs-sen auf den Start vorbereiteten, war schlicht und einfach umwerfend.
Gemütliches Regattarevier
Die Rallye bestand aus sechs, 6 bis 23 Seemeilen langen Etappen zwischen den Inseln Tortola, Norman Island, Jost Van Dyke, Great Camanoe, Marina Cay und Virgin Gorda. Der Kurs war so ausgelegt, dass die Teams das landschaftliche Patchwork geniessen konnten und trotz der gut gefüllten Segeltage genügend Zeit blieb, um zwischendurch an den Traumstränden die Seele baumeln zu lassen. Jeden Morgen um 9.30 Uhr begrüsste das OK die Skipper an Bord der Powercat 47.3 zum Briefing bei einer Tasse Kaffee. Dabei hatten sie die Möglichkeit, die gut illustrierten Regattaunterlagen anhand einer detaillierten Karte der Region mit persönlichen Anmerkungen zu ergänzen. Danach wurden die Start- und manchmal auch die Regattabojen gesetzt und Fotos geschossen, bevor um punkt 10.30 Uhr der Startschuss ertönte. Kaum waren die Boote auf dem offenen Meer, packte die vielseitige Regattaleitung das Material zusammen und eilte zur nächsten Destination, um dort die beste Stelle für eine Ziellinie zu finden, die möglichst nahe an einem malerischen und für die ganze Flotte geeigneten Ankerplatz liegen sollte. Bei diesem Stunde für Stunde durchorganisierten Tagesprogramm gab es nur eine einzige Ausnahme, nämlich am letzten Tag. Nachdem die Teams zwei Tage lang am Wind von Beef Island über Dog Island und Mosquito Island bis zum Bitter End Yacht Club gesegelt und dabei immer wieder von Böen von bis zu 30 Knoten überrascht worden waren, schlug die Regattaleitung vor, erst am Nachmittag nach Road Town zurückzusegeln und im Meeresschutzpark The Baths zu starten. So konnten die Teilnehmer ausschlafen und erst zum letzten Briefing zur Flotte stossen oder sich früher dorthin begeben, um die wie in den Seychellen rund geschliffenen Granitfelsen zu besuchen und dort zu tauchen. Sogar Delfine gaben sich die Ehre. Wir hatten sie im Gegensatz zu den Barrakudas, Mondfischen, Mantarochen, Schildkröten und fliegenden Fischen noch nicht zu Gesicht bekommen.
Die Flotte wurde vom einheimischen Skipper der Powercat 47.3 betreut. Er ging den Seglern bei kleinen Pannen zur Hand. Für grössere Reparaturen waren die Techniker der Moorings-Basis zur Stelle. Sie mussten zweimal zu Hilfe gerufen werden und erwiesen sich nicht nur als schnell, sondern auch als effizient. Fachmännisch wechselten sie ein verbogenes Ruderblatt und eine beschädigte Genua aus. Dank ihrer kompetenten Unterstützung konnten sich die Teams ganz dem Segeln und dem erholsamen Beisammensein mit ihren Freunden widmen.
Teams von (fast) überall
Der Skippers Cup war Schweizer Segelclubs vorbehalten. Hinter dem Ereignis steckte der Gedanke, Segler zusammenzubringen, die sich sonst nur an der Generalversammlung von Swiss Sailing über den Weg laufen. Die flüchtigen Beziehungen sollten in einer entspannten Atmosphäre gefestigt und neue Kontakte geknüpft werden. Einige Skipper nutzen die Gelegenheit, um Freunden oder Sponsoren die Freude am Segelsport zu vermitteln, die meisten aber wollten einfach nur die Saison gemütlich ausklingen lassen. Als erste hatten sich die Bénéteau-Händler Marlen und Markus Graf (Segelvereinigung Kreuzlingen) angemeldet. Sie hatten schon kurz nach der ersten Ankündigung des Cups im September 2010 ihr Team gebildet. Am vierten Regattatag schafften sie es mit ihrer Ruby Dawn auf den dritten Podestplatz. Mit Claudia Böhm und Daniel Schroff (Segelmacherei North), auch sie vom Bodensee, war ein weiteres Paar aus der Segelbranche mit dabei. Am Steuer der In Recess lief der frühere Olympiasegler zu Höchstform auf. Nachdem er bei der Etappe von Green Cay nach Marina Cay als letzter von der Startlinie losgekommen war, rollte er das Feld von hinten auf. Dabei kämpfte er gegen 30 Knoten starke Böen, reffte nicht ein einziges Mal und schaffte es schliesslich hinter der Skidaway des überragenden Antoine Thorens (Skipper der M2 Teamwork) auf Platz 2. Philippe und Valérie Rey-Gorrez, die Firmenchefs von TeamWork, hatten ihn zur Belohnung für die gute Leistung des M2-Teams in die Karibik eingeladen. Und der unersättliche Sponsor, Bergfreund und Segelfan liess sich nicht zweimal bitten: Nach dem Sieg der Transat 6.50 in der Kategorie der Prototypen gewann er auch gleich noch den Skippers Cup! Jean-Claude Burdet (Verwalter des Centre d’Entraînement à la Régate und Vertreter des Cercle de la Voile de Versoix) und Michel Glaus (OK-Präsident der Bol d’Or Mirabaud), zwei weitere bekannte Gesichter aus der Westschweizer Segelszene, steuerten ihre Isis und Bountiful auf den 2. bzw. 3. Gesamtrang, obwohl sie mit Charles Favre und Christophe Ganz jeweils nur ein erfahrenes Mitglied an Bord hatten. Marcel Beauverd, der Präsident des Cercle de la Voile SNG, tat sich an den Abendveranstaltungen als Botschafter des Schweizer Segelsports und als Stimmungskanone hervor. Auch die Vertreter des kleinen, aber schlagkräftigen Club Nautique de Pully hatten ansteckend gute Laune. Das Team um Nicolas Engel, Sieger der Bol d’Or Mirabaud auf Taillevent, brachte richtig Leben in die Bude. Sportlich am erfolgreichsten war dank konstanten Leistungen die aus den Ehepaaren Spiller und Täschler gebildete Crew vom Yacht Club Sempachersee. Letzteres brillierte aber nicht nur auf dem Wasser, sondern hatte auch noch das Losglück auf seiner Seite (Erklärung unten). Während die Deutschschweizer Teams alle eine zweite Woche in der Karibik anhängten – entweder auf einem Boot oder im Hotel –, verlängerten die Westschweizer ihren Aufenthalt unfreiwillig um 30 Stunden. Grund: eine Triebwerkpanne beim Stopover von St. Martin! Diesmal hiess der Sponsor Air France.
Sponsorenabende: ein voller Erfolg
Bei diesem Skippers Cup in den BVIs, die übrigens ausgewählt wurden, weil ihnen der erste Törnbericht in Skippers im November 2001 gewidmet war, stellten vier Sponsoren die Preise, vier weitere kamen für die nach ihnen benannten Abendveranstaltungen auf. Sie fanden an angesagten Orten statt, an denen man die BVIs in ihrer ganzen Besonderheit und Schönheit mit der Kamera festhalten konnte und die sich bestens für Souvenirfotos eigneten. Swissprinters, die Druckerei von Skippers, sponserte den Abend auf dem legendären Zweimaster Willy T, der bei den sensationshungrigen Amerikanern als Pub und Restaurant äusserst beliebt ist. Etwas zahmer ging es bei dem vom Lithografen Images3 spendierten Abend im typischen Restaurant Last Resort zu. Das Innenarchitektur- und Designbüro Maison Dupin, das die Westschweizer Grand Surprise Twister unterstützt, kam für den Abend im mythischen Foxy’s auf, an dem besonders ausgelassen gefeiert wurde. TeamWork (die schon wieder!) hatte die Schirmherrschaft für die Preisverleihung im Mariner Inn der Moorings-Basis übernommen. In deren Pool durften die drei erstplatzierten Teams ihr nicht ganz freiwilliges Siegerbad nehmen. Alle, die irgendwie im Weg standen oder auch nicht, gingen ebenfalls baden. An der an diesem Abend organisierten Verlosung hatte wie gesagt Tina Täschler das Glück auf ihrer Seite. Sie gewann die Admiral’s Cup Uhr von Corum aus Titan. Das Grand Hôtel Park Gstaad, Manor Genève und Peak Performance sorgten mit ihren Preisen für weitere glückliche Gewinner. Zum Abschluss dieser verrückten Rallye-Woche brannte allen die gleiche Frage auf der Zunge: Müssen wir auf den nächsten Skippers Cup wirklich bis zum 20. Jubiläum der Zeitschrift warten?