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Wenig Begeisterung bei den Romands

von Quentin Mayerat

Die Häfen platzen aus allen Nähten und viele Segler suchen verzweifelt nach einem Liegeplatz. Doch eigentlich gibt es zumindest temporär genügend Ausweichlösungen. Eine davon ist die Miete (Charter), die andere das Teilen (Sharing) eines Boots, das einer Privatperson oder einem Verein gehört. Eine praktische Alternative, die auch immer mehr ehemalige Eigner überzeugt, denn die Wartung ist eine aufwändige Angelegenheit, um die sich viele nur ungern allein kümmern.

Boatcharter und Boatsharing bieten viele Vorteile. An erster Stelle steht zweifelsohne die Flexibilität. Die Boote können stundenweise, für einen halben oder ganzen Tag, eine Woche oder sogar eine ganze Saison genutzt werden. Ausserdem ist für Abwechslung gesorgt, schliesslich sind die Segelreviere frei wählbar, was vor allem neugierige Segler oder solche, die ihr gewohntes Segelrevier satt haben, ansprechen dürfte. Und unkompliziert ist das Ganze dazu. Meistens kann man sich mit wenigen Mausklicks online anmelden und die Verfügbarkeit des gewünschten Boots überprüfen. Ein weiterer unbestreitbarer Vorzug sind die Kosten. Verglichen mit dem Kauf und dem Unterhalt eines Boots ist Boatcharter oder Boatsharing auch für Leute mit kleineren Geldbeuteln erschwinglich. Darüber hinaus spart man sich den administrativen Aufwand für die Suche nach einem Liegeplatz, die Immatrikulation, die Versicherungen usw. sowie die mit dem Besitz eines Bootes verbundenen Sorgen (Gewitter, Transporte, Überwinterung usw.).

Nicht zuletzt tragen die beiden Konzepte zur nachhaltigen Entwicklung bei, denn die zur Verfügung gestellten Boote weisen eine deutlich höhere Quote von Nutzern und Segeltagen auf (bis 100 Tage pro Jahr) als der Durchschnitt auf unseren Seen (3-4 Tage pro Jahr), ungenutze Boote inklusive.

Enge Bindung zwischen Segelschulen und Charterfirmen

Boatcharter-Modelle gibt es etwa so viele wie Charterfirmen. Fast allen ist aber gemein, dass das Charterangebot oft mit einer Segelschule in Verbindung steht. „Der Grundgedanke dahinter ist der Wunsch, den Absolventen von Segelscheinen auch die Möglichkeit zu geben, zu segeln“, erklärt Patrick Torrenté von Bateau-école in Port Choiseul. „Ich stelle bereits seit zwei Jahren eine Soling zur Verfügung. Sie wird von den Mitgliedern sozusagen selbstverwaltet. Für einen jährlichen Beitrag von 500 Franken haben sie Zugang zu einer Online-Agenda, wo sie das Boot reservieren können. 2011 teilen sich fünf Personen die Soling. Ich erwäge zusätzlich ein kleines Boot mit Kajüte zu kaufen.“ 80 Prozent der Mitglieder sind übrigens in Genf arbeitende Ausländer. „Die Genfer selbst zeigen kein Interesse“, sagt Patrick Torrenté etwas enttäuscht.

Nauti-fun in Lutry unterscheidet sich von den anderen Charterfirmen durch die Grösse der Flotte (20 Boote zwischen 18 und 38 Fuss), die Langlebigkeit des Unternehmens (30 Jahre) und die Art der Vermietung. Fünfzehn Boote werden saisonweise vermietet, wie Geschäftsführer Alain Corthésy erklärt. „Für jedes Boot gibt es einen Mieter für die geraden und einen für die ungeraden Tage. Für ein 8-Meter-Boot mit Innenbordmotor belaufen sich die jährlichen Kosten auf ca. 3500 Franken, Versicherungen und Treibstoffpauschale inbegriffen. Die übrigen fünf Boote werden für Tagesausfahrten oder wochenweise vermietet. Bei den Saisonmietern handelt es sich vorwiegend um Stammkunden aus der Region, aus dem Hinterland oder aus Genf. Unter den Wochenmietern befinden sich Touristen aus dem nahen und fernen Ausland und angefressene Segler, die als Vorbereitung auf ihre Saison auf dem Meer trainieren, wie die Regattaschule von Besançon. In den letzten 30 Jahren musste ich noch nie einen Schaden beklagen. Das liegt bestimmt daran, dass ich die Segler gut kenne und viele davon sogar in meiner Segelschule gelernt haben.“

Das Angebot an Charterjachten auf unseren Seen ist viel grösser als allgemein angenommen. Fragen Sie bei den Segelschulen nach und durchstöbern Sie das Internet. Sie finden bestimmt ein Charterunternehmen in Ihrer Nähe!

Lausanne will kein Boatsharing!

© Loris von Siebenthal

In der Deutschschweiz ist Boatsharing auf dem Vormarsch. Es gibt mehrere Vereine, die sich am Geschäftsmodell des Carsharing-Unternehmens Mobility orientieren. Die wichtigsten sind die Genossenschaft SailCom mit ihren 3000 Mitgliedern und 68 Booten, von denen ein Drittel Privatleuten gehört, und die jüngst gegründete gemeinnützige Sailbox AG. Ganz anders sieht die Lage in der Westschweiz aus. Dort konnte sich das Konzept bisher nicht wirklich durchsetzen. Vielleicht liegt’s an der Mentalität, bestimmt aber an Unkenntnis, denn viele Romands wissen nicht einmal, dass es ein solches System gibt. Die Bilanz von Sailcom ergibt ein trauriges Bild: Auf dem Genfersee stehen nur zwei Boote zur Verfügung, gegenüber neun auf dem Neuenburger- und dem Murtensee, wo viele Deutschschweizer anzutreffen sind!

Manchmal sind die Hürden aber auch administrativer Natur. So zum Beispiel in Lausanne. Der Club Folle Brise in Ouchy bietet seinen Mitgliedern (Eignern und 80 Mietern für 8 Boote) schon seit 15 Jahren die Möglichkeit, auf Privatbooten zu segeln, die dem Club von den Eignern zur Verfügung gestellt werden. Und seit 15 Jahren schon legen die für die Hafenanlagen zuständigen Gemeinderäte dem Club Steine in den Weg. Sie gehen sogar so weit, den Eignern mit dem Entzug ihres Liegeplatzes zu drohen. Eine abstruse Geschichte!

Das findet auch Pierre Demont, der Präsident von Folle Brise. „Es ist völlig unverständlich. Unser Club ist ein gemeinnütziger Verein. Die Eigner bereichern sich nicht und sind der Stadtverwaltung auch bestens bekannt. Folle Brise übernimmt die Casco-Versicherung, die Wartung der Boote und das Reservationswesen. 2010 sind die acht Boote 500 Mal ausgefahren und 200 Personen haben davon profitiert.“

Auf das Problem angesprochen reagiert der zuständige Lausanner Gemeinderat Marc Vuilleumier etwas betreten, rechtfertigt dann aber den Standpunkt der Stadt: „Boatsharing ist grundsätzlich eine gute Sache, aber es kommt ständig zu Konflikten wegen der Nutzung der Liegeplätze. Eigner verkaufen ihr Boot zusammen mit dem Platz. Es ist unsere Aufgabe, die Liegeplätze so zu verwalten, dass wir möglichst viele Interessenten zufriedenstellen können. Das gilt besonders in einem öffentlichen Hafen. Die Regeln für Liegeplätze, das heisst das öffentliche Recht, gehen gegenüber den bootsspezifischen, privatrechtlichen Regeln vor.“

© Loris von Siebenthal

Fakt ist, dass sich die Stadt in ihrem jüngsten, von Marc Vuilleumier höchstpersönlich unterzeichneten Schreiben nicht wirklich kompromissbereit zeigt. Darin heisst es unter anderem: „Boatsharing ist nicht zulässig. Die Stadtbehörde hat schon immer den Standpunkt vertreten, dass eine solche Praxis auf öffentlichem Eigentum nichts zu suchen hat.“

Was das Schreiben aber vor allem deutlich macht, ist die Verwechslung von Liegeplatzverwaltung und Boatsharing. Letzteres betrifft nur das Boot selbst, hat also nichts mit der Problematik der Plätze zu tun. Darüber hinaus tragen die Nutzer von Boatsharing zur Kürzung der Wartelisten bei, weil sie ihr Hobby ausüben, ohne sich ein eigenes Boot zuzulegen. Warum soll also ein Konzept, das in der Deutschschweiz einwandfrei funktioniert und auch vom Genfer Hafenamt problemlos geduldet wird, in Lausanne gesetzeswidrig sein, solange der Bootsbesitzer bekannt ist?

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