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Erfolgreiche Premiere für die Challenge Ferrier Lullin

von Quentin Mayerat

Ein Grand Prix als Meisterschafts-Höhepunkt

Beim 6. Grand Prix Beau-Rivage Palace* ging es gleich doppelt um die Wurst. Deshalb traten die Décision 35 am Wochenende vom 24. – 26. September auch gleich zweimal an. Zur gleichen Zeit kämpften die grossen Hochseeracer vor Korsika um den Sieg in der vorletzten Wettfahrt der Orma-Meisterschaft (Open 60s). Die Teams der acht Décision 35 fanden sich am Freitag Morgen um 8 Uhr in der Rotonde des mehrfach als bestes Hotel der Schweiz ausgezeichneten Beau-Rivage ein. Dort erläuterte der Serie Master Bertrand Favre die Regeln für den Bananenkurs vor der Promenade in Ouchy. Bei Nordwind schwangen sich die Crews auf ihre Rennmaschinen, die vor dem Hotel und einem speziell für das Publikum und die VIPs errichteten Village festgemacht waren. Am ersten Wettkampftag herrschte eine 10 bis 15 Knoten starke Bise und am Himmel hingen dicke Wolkenfelder, durch die immer wieder die Sonne blickte. Bei diesen Bedingungen konnten die Organisatoren sechs Läufe werten und die Segler sich voll ausgeben. Einzige kleine Enttäuschung: Bédat & Co zog es vor, vorsichtig zu bleiben und bei diesem Final einen Gang zurückzuschalten. Bei der Kenterung am Open de Versoix zwei Wochen zuvor war einmal mehr der Mast gebrochen. Die Entscheidung des Eigners Nicolas Grange (Präsident der Association des Multicoques de Compétition), seine Yacht zu schonen, stiess auf allgemeines Verständnis. Am Galadiner vom Samstag Abend, zu dem sich 500 Gäste einfanden, erhielt er für seine stets gute Laune und seinen Einsatz übrigens tosenden Applaus. Die Flaute am Samstag Morgen setzte der Meisterschaft ein vorzeitiges Ende. Am Vortag hatte Zebra 5 drei der sechs Läufe gewonnen und war in den anderen drei Läufen als Drittplatzierte ins Ziel gekommen. Etienne David und sein CER-Team siegten somit knapp vor der Crew um Loïck Peyron, der die ganze Saison auf Zebra 7, dem anderen Katamaran des Team Red von Frédéric Amar, bestritten hatte. Auf den dritten Rang segelte Pierre-Yves Jorand auf Alinghi mit weniger als drei Punkten hinter dem Zweitplatzierten und vier Punkte vor Philippe Cardis auf Ferrier Lullin. Diese vier Teams lieferten sich die ganze Saison hindurch eine packende Meisterschaft, bei der es bis zum Schluss eng blieb.

Hochseestars und Binnenseecracks in einem Boot

Am Samstag Nachmittag konnten die geladenen Hochseeskipper ihre neuen Spielzeuge in Empfang nehmen. Die Teams standen ihnen dabei mit Rat und Tat zur Seite, denn auch ohne Wind geht bei den Décision 35 ganz schön die Post ab. Für Marc Guillemot (Zweiter an der Transat Québec-St. Malo und der Route du Rhum, Inhaber von zwei Atlantikrekorden) war es sogar die erste Süsswassererfahrung! Das konnte man von den Lokalmatadoren Laurent Bourgnon, Stève Ravussin, Bernard Stamm und Dominique Wavre nicht gerade behaupten, genauso wenig wie von Alinghi-Taktiker Brad Butterworth und dem Franzosen Jean-Pierre Dick (Sieger der Transat Jacques Vabre), der schon in seiner Kindheit auf dem Genfersee gesegelt ist. Loïck Peyron nahm aus Fairnessgründen gegenüber den D35-Novizen nicht am Grand Prix teil. Da sich Bédat & Co noch in der Rekonvaleszenz befand, konnte auch sie nicht an diesem Final mitsegeln. So fuhren denn die sieben Hochseesamurais an Bord der sieben anderen Décision aufs Wasser hinaus. Ernst wurde es allerdings erst am Sonntag Morgen. Eine leichte, unstete Bise mit einem zögerlichen Rebat ermöglichte es den Organisatoren einen Kurs nahe am Ufer auszulegen, damit die
OBEN: ETIENNE DAVID NACH EINEM UNFREIWILLIGEN SIEGERBAD IM KALTEN SEE
MITTE: PHILIPPE CARDIS, ZUFRIEDENER ORGANISATOR UND MITSTREITER
Zuschauer die Wettläufe aus der Nähe miterleben konnten. Insgesamt wurden rund sechs einstündige Läufe ausgetragen, wobei die Stars jedes Mal den Katamaran und die Crew wechselten. Die Leichtwindregatten vor Ouchy krönten schliesslich einen Taktiker: Brad Butterworth gewann vor Marc Guillmot, der nach eigenen Worten von der neuen Erfahrung fasziniert war, und vor dem Genfer Dominique Wavre.

Einhellige Begeisterung

Die Hochseestars, die angereist waren um die neuen Formel 1 der Binnenseen zu testen und die Genferseesegler, die an die frenetische Aufrüstung im F40-Zirkus gewöhnt sind, waren sich einig: Da alle auf dem gleichen Boot segelten, entschied nicht das Material, sondern der Mensch über den Sieg. Die Meisterschaft stand somit im Zeichen echten Sportgeistes. Obwohl die Eigner der Edelyachten alle starke Persönlichkeiten sind, herrschte an der Challenge Ferrier Lullin ein positives Klima und viel Solidarität. Bestes Beispiel dafür war das Missgeschick von Cadence. Als im letzten Starkwindlauf am Freitag Abend das Fall zu Bruch ging und die Genua riss, schaltete sich der Serie Master sofort ein und fragte bei den anderen Teams nach, wer die schnellste Ersatzlösung bereithalte und die Cadence wieder regattatüchtig machen könne. Schliesslich sollten sich am Samstag Morgen alle Boote rechtzeitig zum Start einfinden.

Erinnerungen an die Hauraki-Bucht

Grand Chelem Management, das von Ferrier Lullin und AMC mit der Durchführung der Meisterschaft beauftragte Unternehmen, hatte die gute Idee, gemeinsam mit der CGN Zuschauerboote zu organisieren. So empfing die CGN das Publikum auf einem Brunch-Boot, das in einiger Entfernung zur Regattabahn patrouillierte. Die VIPs verfolgten das Geschehen derweil auf einem Dampfschiff mit und profitierten dabei von einem 1A-Service. Wem es vergönnt war, ein paar Regatten in der Hauraki-Bucht beizuwohnen, kam nicht umhin, Parallelen zu ziehen. Die erhöhte Position gegenüber den Teams, die mit ihren Yachten beinahe die Zuschauerboote streiften, die übers Wasser schiessende Alinghi, sich kreuzende Hightech-Segel, Weltstars an der Pinne (und abends an der Bar) und natürlich das traditionelle Champagnercüpli auf dem Vorderdeck erinnerten an das grosse Segelevent in Auckland. Kommentiert wurde das Spektakel auf dem Wasser von François Egger***. Seine mit Live-Interventionen von Loïck Peyron, Nicolas Grange und anderen Segelgrössen angereicherten Erläuterungen wurden über Lautsprecher auf die Quais übertragen. Ernesto Bertarelli war strahlend guter Stimmung und entschied aus einer plötzlichen Laune heraus, einige Journalisten und Fotografen auf dem Beiboot von Alinghi mit aufs Wasser zu nehmen, damit sie die Regatten aus nächster Nähe mitverfolgen konnten.

Stelldichein der Prominenz

Für viele Zuschauer, aber auch für einige Teams, die sonst nicht gewohnt sind, so viele grosse Namen an Bord zu haben, schien mit der Konzentration an Hochseestars ein Traum in Erfüllung zu gehen. Das inzwischen gut bekannte “Ärzteteam” – ein paar Freunde, die ihre Ersparnisse zusammengelegt haben, um den Katamaran Gonet & Cie zu erstehen – konnte es kaum fassen, dass Cracks wie Stève, Brad, Bernard und Dominique sie um Rat fragten oder sie taktisch berieten. Für die Mitglieder des Centre d’entraînement aux Régates konnten diese wertvollen Kontakte die Teilnahme an einer Atlantiküberquerung im Team oder einer anderen Hochseeregatta bedeuten. Was die Hochseeskipper anging, so konnte die Anwesenheit der zahlreichen aktiven (Chopard, Ernst & Young, Nespresso) oder potenziellen Sponsoren entscheidend sein. Wurde da nicht am Sonntag Morgen kurz vor dem Startsignal Jean-Claude Biver gesichtet? Biver, der das Handgelenk von Peter Blake mit einer Omega und den Kiel der Team New Zealand mit dessen Logo geschmückt hatte, hat kürzlich die Zügel der Marke Hublot übernommen und schien sich hervorragend mit Bernard Stamm und Dominique Wavre, beide auf der Suche nach einem zusätzlichen Sponsor für ihren 60-Füsser, zu verstehen. Wünschen wir Ihnen, dass sie gemeinsam ein paar Bahnen ziehen. Zum offiziellen Teil der Veranstaltung gehörten der De Rham Cocktail (Sponsor des Grand Prix und der Yacht Ferrier Lullin) am Freitag Abend und das Galadinner am Samstag Abend, an dem sämtliche Teammitglieder und die ganze Genferseeprominenz zugegen waren. Letztere stand ganz offensichtlich im Bann der Binnenseeracer und genoss die herrliche Kulisse des Beau-Rivage Palace in Lausanne.

Wie viele Décision 35 im Jahr 2005?

Diese Frage brannte allen Anwesenden auf der Zunge. Unbestritten war, dass die Wette der Organisatoren und Initiatoren der Challenge Ferrier Lullin voll aufgegangen war. Das Risiko, das Eigner und Sponsoren eingegangen waren, und die unglaubliche Energie, die die Werft und alle anderen Beteiligten* in das Projekt gesteckt hatten, haben zu einer gelungenen ersten Saison geführt, die alle Erwartungen erfüllte. Ein Erfolg, der bis zu den Pontons im Ausland drang. Bertrand Cardis erwähnte sogar ein Projekt in den USA! Dennoch scheint es wahrscheinlicher, dass die nächsten Décision 35 in der Schweiz bleiben. Einige Interessenten suchen nach Sponsoren, andere nach Miteignern. Es sind Gerüchte im Umlauf, dass Profis wie Stève Ravussin oder Russell Coutts nächste Saison mit dabei sein werden. Wie meistens bei solchen Abenteuern (denken wir an die Psaros 40, die neuen Einrümpfer, welche die Genfersee-Podeste mit Beschlag belegen) bewahrheitet oder verwirklicht sich mit ziemlicher Sicherheit nur ein kleiner Teil der Vermutungen und Projekte. Alles in allem kann man für die kommende Saison mit zwei bis vier neuen Décision 35 rechnen. Warten wir’s ab. Skippers bleibt auf jeden Fall dran. Verfolgen Sie die weitere Entwicklung in der Skippers-Ausgabe Nr. 15 und in der dritten Ausgabe der Zeitschrift der Challenge Ferrier Lullin nächsten Frühling!

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