Skippers

🏛 » Fulminantes Comeback von Alinghi bei viel Wind

Fulminantes Comeback von Alinghi bei viel Wind

von Quentin Mayerat

477 Boote unter Spi auf engstem raum: Auch das macht die Magie der Bol d’Or aus. © Loris von Siebenthal

Ernesto Bertarelli gewinnt mit Pierre-Yves Jorand, mit dem er seit dem Alinghi-Abenteuer segelt, seine 6. Bol d’Or. © Loris von Siebenthal

Regenschauer, starker Westwind und komplizierte Übergänge waren die wichtigsten Zutaten dieser 73. Austragung der Bol d’Or. Fast 500 Segelboote setzten am Samstag, den 18. Juni um punkt 10 Uhr den Spi oder den Gennaker, um an der berühmten Genferseeregatta so schnell wie möglich vom Start wegzukommen.

Wie jedes Jahr seit zwei Jahrzehnten waren einige internationale Koryphäen mit von der Partie. Am Vortag der Regatta begegnete man in der veranstaltenden Société Nautique de Genève unter anderem Michel Desjoyeaux, Pascal Bidégorry, Loïck Peyron, Yann Guichard und Paul Cayard. Und natürlich fehlten auch unsere nationalen Segelstars Yvan und Stève Ravussin und das Alinghi-Team nicht. Ganze sieben Jahre lang war es leer ausgegangen, schlug jetzt aber in gekonnter Manier zum sechsten Mal zu.

Vielversprechende Prognosen

© Loris von Siebenthal

Bereits fünf Tage vor der Wettfahrt kündigten die Wettermodelle für das Wochenende einen Südwestwind an. Am Tag vor dem Start konnte Wetterfrosch Pierre Eckert die günstige Wetterlage dann auch bestätigen, allerdings keine zuverlässigen Angaben über die Windstärke und die Stabilität der Witterung machen, sodass die Konkurrenten ihre Erfahrung spielen lassen mussten, um das komplizierte Wetter am 18. Juni zu ihren Gunsten zu nutzen.

Wettfahrtleiter Pascal Monnet äusserte sich am Vortag der Regatta denn auch etwas besorgt über die Wetterlage. 15 bis 20 Knoten vor dem Wind auf der Startlinie seien nicht wirklich beruhigend, sagte er. Schliesslich erreichten die Boote heute ein unglaubliches Tempo. Trotzdem sei er überzeugt, dass alles gut gehen werde.

Egal, ob auf einem Racer oder einem Cruiser, einem Mono- oder einem Multihull, die Bol d’Or ist in erster Linie ein Fest, an dem jeder Segler einmal in seinem Leben teilnehmen möchte.  © Loris von Siebenthal

Und tatsächlich verlief der Start reibungslos. Beim Startschuss schossen die Boote über die Linie Richtung Le Bouveret. Während die Mehrrümpfer mit vollem Tempo auf die Boje vor Port Choiseaul zupreschten, bildeten die vielen hundert Einrümpfer eine bunte Wand aus Spis, die sich wunderschön vom grauen Himmel abhob. Besonders gut gestartet war Guy de Picciottos Zen Too mit Steuermann Fred Le Peutrec. Sie setzte sich bereits in den ersten Minuten vom Hauptfeld ab, Stève Ravussin auf Veltigroup dicht im Nacken.

Thomas Jundt auf seinem Foiler Mirabaud LX musste nach einem Riggproblem aufgeben. Das fliegende Boot hat aber bei Starkwind interessantes Potenzial bewiesen. © Loris von Siebenthal

Schreckenssekunden auf der Okalys-Corum

Auf der Okalys-Corum ging es zu Beginn der Regatta ziemlich hektisch zu. Der Grund: Ein Mann war über Bord gegangen. Damien Cardenoso fiel während eines Manövers vorne am Bug kurz nach dem Start ins Wasser und rutschte dabei unter das Boot. Das Ruderblatt schlug heftig gegen sein Fussgelenk, er konnte von seiner Mannschaft aber heil geborgen werden. Nachdem sich das Team vergewissert hatte, dass alles nur halb so schlimm war, setzte es die Regatta fort. „Es ist schon ein seltsames Gefühl, 480 Boote auf sich zurasen zu sehen“, sagte der Pechvogel, als er wieder festen Boden unter den Füssen hatte. Trotzdem machte Cardenoso gute Miene zum bösen Spiel. „Fünf Minuten nach dem Start hätte ich uns keine grossen Chancen auf den
4. Platz ausgerechnet, denn wir mussten die ganze Flotte von hinten aufrollen.“

Nach dem Start gingen immer wieder mehr oder weniger heftige Schauer nieder. Alinghi schien das nicht zu stören. Sie machte Tempo und entwischte ihren Mitstreitern.

Die Führenden rauschten zuweilen mit mehr als 20 Knoten vor dem Wind übers Wasser und erreichten schon bald die Wendeboje vor Le Bouveret. Mitten in einem Regenguss rundete Alinghi sie nach nur 2:14 als erste. Bei den Einrümpfern präsentierte sich BDO kurz nach 16 Uhr am östlichen Ende des Genfersees, wenige Minuten später folgten Full Pelt und Miss Tfy. Die Führenden der Klassenwertungen, die Toucan Carpe Diem Bis von Luc Munier, die Grand Surprise Little Nemo II von Bernard Borter und die von Christophe Ganz gesteuerte Surprise Teo Jakob hatten die halbe Strecke um 17.20 Uhr, beziehungsweise kurz vor 18 Uhr und um 18.10 Uhr hinter sich gebracht.

Knifflige Rückfahrt

„Wir freuen uns, dass wir diesmal nicht Zweite Geworden sind“, sagte Jean Psarofaghis, Skipper der Syz&Co und Sieger bei den Einrümpfern. © Loris von Siebenthal

Die Führenden hatten zwar bei der Rückfahrt nach Genf mit zwei, drei Winddrehern zu kämpfen, doch verglichen mit den Einrümpfern und ganz besonders mit den kleineren Einheiten war das nicht der Rede wert. Bei starkem Höhenwind aus Südwest bläst der Vauderon (ein Südostwind im oberen Teil des Genfersees) manchmal in umgekehrter Richtung. Und genau das trat an diesem Samstag ein. Nur die Erfahrensten konnten mit der Situation richtig umgehen. Einige Boote legten die Strecke Saint-Gingolph–Yvoire sogar mit einem einzigen Schlag zurück, was an einer Bol d’Or doch eher selten ist.

Im Petit-Lac schlossen die meisten Konkurrenten wieder zueinander auf. Es deutete alles auf einen spannenden Schlussteil hin. Alinghi hatte ihren Vorsprung eingebüsst, Foncia, Ylliam und Okalys-Corum waren ihr dicht auf den Fersen. Schliesslich konnte sie die Führung dann aber doch bis ins Ziel retten. Die Ventilo M2 Tilt musste nochmals kräftig Gas geben, um ihren direkten Verfolger Team Parmigiani abzuhängen und als Siegerin die Linie zu queren. „Wir sind bis ins Ziel Match Racing gesegelt und haben zwischen Corsier und der SNG 50 Mal gewendet“, sagte Alexandre Schneiter, hocherfreut über seinen Doppelsieg Bol d’Or/Genève-Rolle. Ähnliches spielte sich danach auch bei den Einrümpfern ab. Dort trennten die Psaros 40 Syz&Co und Oyster Fund im Ziel nur 50 Sekunden. Und auch die von Cyrus Golchan gesteuerte Surprise Mirabaud 1 fuhr gegen La Marieflo einen knappen, aber umso schöneren Sieg nach Hause. Chatagny, die letztjährige Siegerin der Klasse 4, folgte weniger als zehn Minuten später als dritte.

Die Ventilo M1 konnte die Décision 35 nicht entthronen, obwohl sie bei Chrstian Favre gebaut und von Jean-Philippe Bucher gesteuert wurde. Sie musste sich mit dem 8. Schlussrang zufrieden geben. © Loris von Siebenthal

An dieser 73. Bol d’Or Mirabaud wurden gleich mehrere neue Richtzeiten aufgestellt. Die D35 hatten die Strecke zuvor noch nie schneller als in 6:25:50 zurückgelegt und auch die M2 stellten mit 7:46:24 eine neue Bestzeit auf. Von den 470 Booten am Start wurden 441 gewertet. Eigentlich fehlte nur eins: die Sonne.

Dans la meme categorie