Text | Quentin Mayerat
An den ersten Acts der Extreme Sailing Series und der GC32 Racing Tour haben die Schweizer Teams ihr Talent als Foilersegler eindrücklich unter Beweis gestellt. Einer scheint dabei alle zu überragen: Arnaud Psarofaghis segelt in einer anderen Liga.
Die Schweizer sind an den beiden auf GC32 ausgetragenen Touren stark vertreten. Unverfroren und unbeeindruckt machen sie den internationalen Segelstars die Hölle heiss. An den Extreme Sailing Series und der GC32 Racing Tour belegen derzeit insgesamt drei helvetische Teams Podestplätze.
Alinghi rechtzeitig in Form
Alinghi ist nach einjähriger Pause von den Extreme Sailing Series wieder zurück im Stadium Sailing. Die Series werden dieses Jahr nach mehreren Saisons auf den Extreme 40 auf GC32 gesegelt. Arnaud Psarofaghis und sein Team legten einen etwas verhaltenen Saisonstart hin. Sie verpassten das Podest in Maskat knapp, fingen sich dann aber rechtzeitig wieder. An der Schwachwindetappe in Qingdao dominierten sie die Gegner nach Belieben und verbesserten sich im Zwischenklassement auf den 2. Rang. „An den drei Regattatagen konnten wir vielleicht eineinhalb Minuten fliegen, dennoch war es interessant, denn wir waren taktisch und strategisch gefordert. Es kam diesmal nicht auf reines Tempo an.“ Tatsächlich sind die Wolkenkratzer der chinesischen Metropole Störfaktoren und ersticken manch eine aufkommende Brise im Keim. Viel Wind ist hier eine Seltenheit. Zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel aber noch lange nicht gefallen, der grösste Brocken sollte erst noch kommen. Nach der Etappe in Cardiff Ende Juni ist Alinghi auf den dritten Platz zurückgefallen; aber es sind noch fünf Etappen zu bestreiten. An der Tabellenspitze bleibt es somit eng, mit Oman Air in Führung, gefolgt von SAP Extreme Sailing Team. Doch wer im Mai richtig foilen wollte, musste nach Riva an den Gardasee zum Auftaktevent der GC32 Racing Tour.
Neuer Rekord bei fast 40 Knoten
In Riva herrschten vom 26. bis 29. Mai ideale Bedingungen. Sie waren sogar so perfekt, dass Team Tilt den von Alinghi gehaltenen Geschwindigkeitsrekord mit 39,7 Knoten knackte. Die symbolische 40-Knoten-Marke dürfte nicht mehr lange widerstehen, zumal die Teams der noch sehr jungen Flotte noch viel Luft nach oben haben. Arnaud Psarofaghis hat zwar offiziell zu Alinghi gewechselt, steuert das Boot der Weiss-Roten aber trotzdem noch bis Mitte Saison. Er zeigte einmal mehr das Ausmass seines Talents und spornte auch sein Team zu Höchstleistungen an. „Wir sind wirklich gut gesegelt und müssen uns vor den weltbesten Teams nicht mehr verstecken“, schätzte der Genfer die Leistung von Team Tilt ein. An Bord waren die Gewinner der Bol d’Or Mirabaud 2015 Sébastien Schneiter, Lucien Cujean und Bryan Mettraux sowie der neuseeländische Grosssegeltrimmer Glenn Ashby. Die Crew machte auf Anhieb so starken Eindruck, dass es sogar Franck Cammas auf Norauto mit der Angst zu tun bekam. Nachdem die Genfer den ersten Lauf völlig ungefährdet nach Hause gesegelt hatten, brach zwischen Team Tilt und Norauto ein hochklassiges und nicht minder heftiges Duell aus. Die beiden Teams beanspruchten die beiden ersten Plätze für sich. Sie gewannen 16 der insgesamt 19 Läufe! Schlussendlich fehlte Team Tilt nur ein Foil zum Sieg, was durchaus wörtlich zu nehmen ist. Eine Tragfläche sank nämlich auf den Grund des Gardasees. Teamchef Tanguy Cariou machte ein unglückliches Zusammentreffen mehrerer Faktoren dafür verantwortlich: „Der Verankerungspunkt des Foils brach. Wir hatten einen unserer Foils negativ eingestellt, um mehr Druck nach unten zu haben, in diesem Moment gerieten wir in eine Böe, das Boot beschleunigte und durch die so entwickelte Kraft brach der obere Teil des Foils.“ Team Tilt lief den Hafen an, wo die verlorene Tragfläche ersetzt wurde. Die Crew verpasste dadurch zwei Läufe und Franck Cammas nutzte die Chance, um sich ein schönes Polster aufzubauen. „Wir konnten mit Norauto mithalten, hatten dann leider Pech. Aber wir werden das Ganze ausbügeln und an unseren Fehlern arbeiten, um für die nächsten Regatten bereit zu sein“, versicherte Tanguy Cariou.
Der Berner Flavio Marazzi klassierte sich mit Armin Strom auf dem hervorragenden 3. Platz, nachdem er die hochkarätig besetzte schwedische Mannschaft Gunvor mit den Olympiasiegern Nathan Outteridge und Iain Percy geschickt abgeschüttelt hatte. Spindrift hingegen enttäuschte mit einem siebten Platz. Wo Realteam im Vergleich zur Konkurrenz steht, werden wir erst im Juli in Malcesina am Gardasee wissen. Das Genfer Team um Esteban Garcia konnte aufgrund einer zu spät gelieferten GC32 nicht richtig trainieren und zog es deshalb vor, seinen Start zu verschieben.
Arnaud eine Klasse für sich
Wenn Bescheidenheit eine Sünde wäre, würde Arnaud Psarofaghis vor verschlossenen Himmelstoren stehen. Er spricht nur sehr selten in Ichform, obwohl er allen Grund dazu hätte. Im Mai triumphierte er an den Extreme Sailing Series und an der GC32 Racing Tour über die gesamte Weltelite. Leigh McMillan und Morgan Larson mussten sich geschlagen geben und auch Cammas konnte nicht verhindern, dass der Jungstar mit ihm gleichzog. Spätestens seither ist allen klar: Psarofaghis gehört zu den weltbesten Foilerseglern. Der junge Mann fliegt im Expresstempo übers Wasser und ist aufgrund seiner mehrjährigen Erfahrung auf Mehrrümpfern und auf Moth gegenüber seinen Gegnern klar im Vorteil. Hinter ihm drängt jedoch eine ganze Generation nach, die nur darauf wartet, ihm den Rang abzulaufen. Mitte Saison wird er Tilt endgültig, aber mit der festen Überzeugung verlassen, dass das Team für die Zukunft gerüstet ist: „Das Boot ist schnell und das Team top. Es ist nicht auf mich angewiesen, weder um erfolgreich zu sein, noch um zu fliegen“, stellt er klar. Wer weiss, vielleicht werden wir Arnaud ja im kommenden November an den SUI Sailing Awards sehen. Verdient hätte er es.