2013 hatte der Sieger ganze zwölfeinhalb Stunden gebraucht, bis er die Strecke ans obere Ende des Genfersees und wieder zurück hinter sich gebracht hatte. Demgegenüber war die Ausgabe 2014 ein regelrechter Sprint. Gesamtsiegerin Ladycat preschte in nur 5 Stunden und 38 Minuten über die Distanz. Der Wetterdienst hatte am Vortag nicht zu viel versprochen: Die Bise stellte sich wie vorausgesagt ein und bescherte den Seglern einen aussergewöhnlichen Wettkampftag. Trotz des vielen Windes waren die Teams auch taktisch gefordert. Wer ganz nach vorne segeln wollte, musste die Windwechsel auf dem Grand Lac richtig deuten und nutzen.
Syz & Co, das Siegerboot bei den Einrümpfern, hat die Bestzeit der Regatta in seiner Kategorie um über 30 Minuten unterboten. Gesamtsiegerin Ladycat verpasste den Rekord der Mehrrümpfer aus dem Jahr 1994 hingegen knapp um eine halbe Stunde. © Loris von Siebenthal
Donas Revanche
Für Dona Bertarelli war es bereits der zweite Sieg an dieser Regatta. Sie genoss ihn sichtlich, denn für sie schmeckte er nach Revanche. Zufrieden meinte sie: „Die Medien sind damals richtiggehend darauf herumgeritten, dass wir bei Schwachwind gewonnen haben. Jetzt haben wir gezeigt, dass wir auch da sind, wenn ein starker Wind bläst und darauf bin ich stolz.“ Zwar war nicht das gleiche Team an Bord wie vor vier Jahren, das schmälert die Leistung aber keineswegs, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Entscheidung erst auf den letzten Metern gefallen ist. Veltigroup hatte auf der Rückfahrt nach Genf meistens geführt, konnte den wiederholten Angriffen des schwarz-goldenen Katamarans vor Genf aber schliesslich nichts mehr entgegensetzen. Wahrscheinlich war das Team von Loïc Forestier im Nachhinein sogar froh über diesen Ausgang, denn es erfuhr im Ziel, dass es wegen eines Frühstarts 60 Strafminuten aufgebrummt bekommen hatte. An seiner Stelle rückten Realteam und Alinghi nach.
© Chris Schmidt
Auch TeamWork, die als erste M2 in der SNG eintraf, wurde bestraft, erfuhr davon allerdings erst am nächsten Tag. Nicolas Denervauds Team wurde in Genf als Sieger gefeiert, war dann am Sonntag aber plötzlich nur noch auf dem sechsten Rang. Der Sieg ging schliesslich an Genolier, der ein mustergültiges Rennen gelungen war. Michel Vaucher und sein Team liessen sich weder durch die ernsthaften Verletzungen zweier Segler noch durch den gebrochenen Ausleger entmutigen. Der Steuermann hatte sich eine Rippe gebrochen und bei Thierry Froidevaux klaffte über dem Aug eine Wunde. Verbissen und klitschnass kämpften sie trotzdem weiter. Ihr Stehvermögen zahlte sich aus: Genolier erzielte sogar die bisher schnellste am Bol d’Or je von einer M2 gesegelte Zeit und unterbot den bisherigen Rekord um 3 Minuten und 29 Sekunden.
© Loris von Siebenthal
Havarien ohne Ende
Natürlich waren alle Augen auf die Vorjahressiegerin Zenith Fresh…! gerichtet. Nach dem Schwachwindsieg von 2013 war man gespannt, ob die Ventilo auch bei Bise eine Chance haben würde. Eine Havarie am Grosssegel auf der Höhe von Versoix machte die Hoffnungen des von Christophe Péclard angeführten Teams jedoch schon nach kurzer Zeit zunichte. Dass das Boot bei starkem Wind einiges auf dem Kasten hat, ist dem Skipper aber dennoch nicht entgangen: „Wir waren wirklich schnell unterwegs, als das Grosssegel riss, und hatten sogar einen kleinen Vorsprung auf die D35.“
Drei Teams machten den Schulpokal unter sich aus. Gewonnen hat erneut Benoît Deutsch mit den jungen Seglern des CNV. © Loris von Siebenthal
Bei der starken Bise lag die Vermutung nahe, dass die fliegenden Boote auf der Rückfahrt die Nase vorne haben könnten. Hydros.ch, der Foiler von Jérémie Lagarigue und ausserhalb einer Regatta Streckenrekordhalter, wurde sogar als Favorit gehandelt. Es kam aber anders. Er verkalkulierte sich beim Windwechsel und geriet zu stark in Rückstand, um ihn auf der Rückfahrt wieder wettmachen zu können. Letztendlich reichte es ihm für den 9. Schlussrang. Auch die beiden GC32 waren bei der kräftigen Bise gegenüber den D35 eigentlich im Vorteil. Eine Entmastung und ein explodierter Foil vermasselte ihnen aber die Chance, sich zu beweisen. Beide Katamarane konnten das Rennen nicht beenden.
Tixway von Philippe Raphoz, Siegerin bei den Grand Surprise in 9:51. © Loris von Siebenthal
80 Prozent Einrümpfer
Die ungarische Libera Raffica, Siegerin 2012 und 2013 bei den Einrümpfern, wollte das Triple schaffen und die Bol de Vermeil behalten. Doch es war wie verhext. Zuerst gab eine Decksplanke nach, danach kenterte die Jacht und der Mast ging zu Bruch. Das Team der Raffica hat noch zwei Versuche für den endgültigen Gewinn des Einrümpfer-Pokals und hat auch bereits angekündigt, dass es nächstes Jahr wieder dabei ist. Syz & Co hätte dem ungarischen Boot aber sowieso keine Chance gelassen. Jean Psarofaghis gewann auf seiner zeitlosen Psaros 40 bereits seine dritte Bol d’Or. „Auf dem Papier waren unsere Siegeschancen nicht besonders gross“, sagte der alte Fuchs. „Dass wir uns trotzdem durchsetzen konnten, verdanken wir unserem soliden und erprobten Boot.“ Die Syz & Co leistete sich sogar den Luxus, die 1994 aufgestellte Bestzeit der Bol d’Or bei den Einrümpfern um 36 Minuten zu unterbieten. Stravaganza, mit der bei steifer Bise ebenfalls zu rechnen war, musste die Regatta wegen technischer Probleme frühzeitig aufgeben. Damit war der Weg für die beständige Taillevent frei. Sie belegte mit zehn Minuten Rückstand den 2. Platz.
TeamWork kam zwar als erste M2 ins Ziel, wurde wegen Fehlstarts aber auf den 6. Rang zurückgestuft. © Loris von Siebenthal
Vor Mitternacht zurück
Was die kleinen Boote an dieser Bol d’Or womöglich am meisten schätzten, ist die Tatsache, dass sie vor Mitternacht wieder in Genf waren. Sie freuten sich, nach der Regatta noch den Abend geniessen zu können. 90 Prozent der Surprise-Flotte und auch die Hälfte der TCF 4 waren vor den symbolischen zwölf Glockenschlägen in der SNG.
Taillevent (2.) griff immer wieder an, schliesslich behielt aber trotzdem Syz & Co die Nase vorn. © Loris von Siebenthal
Bei den Surprise konnte Mirabaud 1 von Cyrus Golchan einen wohlverdienten Sieg feiern. Sie verpasste den Klassenrekord nur um wenige Minuten. Trotzdem gelang ihr aber ein Doppelerfolg. Sie gewann nicht nur die Klassenwertung der Bol d’Or Mirabaud 2014, sondern auch das Klassement in berechneter Zeit. Cyrus Golchan, der die letzten Jahre regelmässig aufs Podest gesegelt war, führte den Sieg auf den hervorragenden Start zurück: „Sobald wir in Führung sind, sind wir nur schwer einzuholen“, bemerkte er.
410 Boote haben das Ziel dieser denkwürdigen Regatta erreicht, was einer hervorragenden Quote entspricht. Das Sicherheitsdispositiv wurde rege genutzt. Der Sicherheitsverantwortliche Frédéric Porchet zählte fünfzig Interventionen im Petit Lac, vier sanitäre Evakuationen sowie mehrere Entmastungen und Kenterungen. Angesichts des bemerkenswerten Rennens liegt diese Bilanz aber durchaus im Rahmen. Es gab auch keine schwere Verletzung zu beklagen.
Seit 1994 hatte kein Siegerboot die Strecke unter sechs Stunden absolviert. Bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht wieder zwanzig Jahre auf solch herrliche Bedingungen warten müssen. Denn was gibt es schöneres als eine Bol d’Or bei Bise!