Carinne Bertolas Traum: das nautische Erbe des Museums endlich in einer Bootshalle ausstellen zu können. © DR
Carinne Bertolas Alter zu schätzen ist schwierig. Sie hat die mitreissende Energie einer Jugendlichen und Kenntnisse, die einem nur nach langjähriger Erfahrung gegeben sind. Beides verbindet die umtriebige Mittfünzigerin, als sei es das Natürlichste der Welt. Auch nach 25 Jahren als Kuratorin des Musée du Léman in Nyon ist Carinne Bertola noch immer voller Tatendrang und erzählt mit ungebrochenem Eifer vom Genfersee und seinen Booten. Seit sie den Umbau des Museums leitet, gleichzeitig das Sekretariat der neuen Fondation pour le Musée du Léman führt und daneben auch als wissenschaftliche Beraterin des Museums tätig ist, scheint sie mit noch mehr Leidenschaft bei der Sache zu sein.
„Es ist der Traum jedes Kurators, das Museum, in dem er arbeitet, neu zu gestalten, die Institution neu zu erfinden und so ihre Zukunft zu sichern“, sagt Carinne Bertola. Für sie war die Suche nach einer Möglichkeit, die Boote des Museums auszustellen, zur Obsession geworden. Es sei ihr vergeben, denn es ist ihr gelungen, die Obsession in positive Energie umzuwandeln. Um ein solches Projekt an die Hand zu nehmen, braucht es eine gehörige Portion Biss und Willenskraft. Immerhin entstehen dabei 2000 zusätzliche Quadratmeter Ausstellungsfläche, darunter eine neue, 600 m2 grosse und 1,65 m hohe Bootshalle. „Ich bin verrückt, das stimmt. Es braucht schon Mut“, gibt sie unumwunden zu. „Das Vorhaben ist eine Gratwanderung am Rande des Ruhms oder aber des Selbstmords, aber ich mag das damit behaftete Risiko und ich glaube fest an das Projekt. Das Museum ist wirklich zu klein, um einem so umfangreichen nautischen Schatz die gebührende Ehre zu erweisen. Es bleibt also nichts anderes übrig, als Wände zu versetzen.“
Unter den Schätzen, die Carinne Bertola ab 2017 in den neuen Räumlichkeiten des Musée du Léman ausstellen möchte (sofern der Ausbau termingerecht fertig wird), befinden sich rund 1000 Bootsrisse, darunter einige von Henri Copponex, dessen Arbeit sie besonders bewundert. Auch soll eine wunderschöne Sammlung von Booten gezeigt werden, die sich heute in der Lagerhalle des Museums, bei Privatpersonen oder in Werften rund um den Genfersee befinden. Carinne Bertola möchte aus-serdem das Siegerboot des America’s Cups von 2003, die Alinghi SUI 64, ausstellen.
„Ich finde es wichtig, dass diese Boote erhalten bleiben, mir liegt es aber fern, einen Schrein zu schaffen“, sagt sie und erklärt: „Wir wissen nicht, wer in den nächsten zehn Jahren die Restaurationswerften leiten wird und was von diesem Kulturgut übrig bleibt. Es ist unsere Aufgabe, etwas von unserer Epoche und vom traditionellen Bootsbau für die Nachwelt zu bewahren.“ Trotz zahlreicher Schwierigkeiten glaubt sie an die Machbarkeit ihres Projekts und wird dabei von Daniel Rossellat, dem Gemeindepräsidenten von Nyon, den viele wegen seines kulturellen Engagements kennen, unterstützt. „Das Unmögliche weicht vor dem, der vorwärts schreitet“, sagte einst die Schweizer Schriftstellerin Ella Maillart. Carinne Bertola hat diese Weisheit zu ihrem Lebensmotto gemacht.